Die Stephaner Weihnachtskrippe

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Wissenswertes zusammengestellt von Pfarrer Jürgen Dolling

Auf den ersten Blick fallen einem vor allem drei Dinge auf: die schlichte Form der großen Holzfiguren, der nur angedeutete, mit Wurzeln und Brettern zusammengezimmerte Stall und das viele Naturmaterial: Zweige, Steine und frisches, grünes Moos.Letzteres holen unsere Mesner in jedem Jahr neu aus dem Wald und gestalten die Krippe naturnah auf den Stufen zum Hochaltar.

Die ersten Figuren (Maria und Josef mit dem Jesuskind und der Krippe, Ochs und Esel, ein Schaf, vier musizierende Kinder/Engel, ein Hund und zwei Rehe) bestellte Pfarrer Erwin Wagner Ende 1969 bei der Firma Loquai Holzkunst in Pöttmes in Oberbayern zum Preis von 675.- Deutsche Mark plus Mehrwertsteuer und Versand. Nach und nach wurde die Krippe erweitert. Anfang der 80er Jahre baute unser damaliger Mesner Dietmar Seiler aus in der GKV herumliegenden Bretterteilen einen Stall, Sekretärin Elisabeth Eichinger-Hopf besorgte dazu Weinstockwurzeln aus Schwebenried und Pfarrer Wagner brachte Steine aus der Fränkischen Schweiz. So wurde die Krippe richtig schön! Im Januar 1985 schrieb Pfarrer Wagner: „Liebe Familie Loquai, ganz herzlich bedanke ich mich – auch für die ganze Pfarrei – für die beiden Hirten, die Sie uns noch rechtzeitig vor Weihnachten zugesandt haben. Sie sind wirklich sehr schön geworden und unsere Krippe hat sehr gewonnen und behört bestimmt jetzt zu den schönsten Krippen in der Stadt Würzburg. … Wenn es Ihnen möglich ist, würde ich gleich für nächstes Jahr noch zwei Schafe bestellen.“

Machen wir einen kleinen Ausflug in die Geschichte der Firma Loquai:
Das Familienunternehmen geht zurück auf den Gründer und Seniorchef, genannt „Späneonkel“ Rudolf Arwed Loquai, geb. am 2.12. 1908 in Augustusburg/Erzgebirge. Eigentlich hatte er ursprünglich (so wie sein Vater) Schneidermeister gelernt, aber das Leben kam anders. „1934 machte er sich selbstständig als Maler, Grafiker und Holzbildhauer und war für die erzgebirgischen Holz- und Spielwarenbetriebe als Entwerfer und Berater tätig, so nebenbei begann aber auch die eigene Herstellung und weitete sich immer mehr aus, so dass schon 1938 ein Nachbargrundstück erworben werden konnte. Nach dem Krieg aus der Gefangenschaft entlassen blieb er im Westen bei Verwandten, dort arbeitete er als Müller, Sägewerker und Bauer. Schon 1946 ging es wieder los, als erstes stellte er auf dem Sägewerk eine Drehbank auf, diese hatte stufenlose Drehzahlregelung, nämlich vom Wasser, so passierte es auch bei viel Wasser, dass ein Teller durchs Dach hinausflog. In einer alten Spenglerei begann er dann mit 3 Mann eine Bildhauerei und Drechslerei. Zur Währungsreform waren es schon 55 Beschäftigte, inzwischen hatte er auch mit der Spielwarenfertigung begonnen und Ende 1948 waren es 70 Leute. Am 26. Januar 1950 zerstörte ein Brand die Werkstatt fast vollständig. Die nun folgenden 3 Jahre sind nicht mit ein paar Worten zu schildern, sie waren schlimmer als Krieg. Nach Zusammenarbeit und Auseinandersetzungen mit Teilhabern folgten mehrere Umzüge und noch vieles mehr. Dazu die miese Lage auf dem Holzmarkt und besonders im Kunstgewerbe, so konnten wir uns an manchen Tagen nicht einmal ein Stück Brot kaufen, geschweige denn Material oder Löhne bezahlen. 1953 wurde wieder umgezogen und wieder einmal von vorn angefangen, als der Umzug fertig war und die erste Miete bezahlt war, hatten wir noch DM 2,50 Startkapital, etwas Holz, eine Drehbank und eine Handbohrmaschine. Aber wir hatten Arbeit und mein Vater hatte immer Ideen. 1954 entwarf er die ersten Edelholzspielzeuge; die schlugen ein, jedes Jahr kamen neue Modelle dazu, bis wir schließlich nur noch lasierte Edelholzartikel im Programm hatten. 1959 siedelten wir dann nach Pöttmes um, wo wir einen alten, heruntergewirtschafteten Bauernhof gekauft und ausgebaut hatten. Nun konnte sich mein Vater immer mehr für seine Interessen und künstlerischen Tätigkeiten frei machen. Er bereiste die Auslandskunden, besuchte die Hugenottenveranstaltungen in Südfrankreich (wir sind Hugenottennachfahren), hielt Lichtbildervorträge und als Lektor Gottesdienste, malte, fotografierte, filmte und fuhr Freiballon.“ Eine dieser Ballonfahrten sollte seine letzte sein: Zwei Wochen vor seinem 59sten Geburtstag brach er sich bei einer harten Landung beide Unterschenkel. „Er war noch ganz fidel und machte seine Witze.“ Drei Tage später bekam er eine Embolie und starb. „Für seine Beerdigung hatte er schon vor Jahren genaue Anweisungen gegeben, seine Grabstelle hatte er bereits gekauft, sein Grabmal wird aus Edelkastanie aus den Cevennen/Südfrankreich geschnitzt. Nach seinem Wunsch wurde er im Betrieb im Maschinenraum aufgebahrt, am Grab durfte kein Wort über ihn gesagt werden und auf das Grab sollte keine Blume gelegt werden. Unter den 600 Menschen, die sein Grab umstanden, waren viele Holzwürmer und eine ganze Reihe Drechsler.“
(Nachruf, verfasst vom Sohn Andreas Loquai in der Deutschen Drechsler-Zeitung)


Zu den einzelnen Figuren der Stephaner Weihnachtskrippe:

Krippe FotoMaria, Josef und das Jesuskind sind eine Figurengruppe – untrennbar, ein Bild des Friedens in dieser Welt. Das Zentrum von Weihnachten! Jesus liegt nicht in der Krippe, sondern auf dem Schoß seiner Mutter, die sich ihm fürsorglich zuwendet. Er hat die Hand am Herzen, so wie Josef auch. Das Herz ist nach alter Tradition der Sitz des Glaubens. Josef steht hinter den beiden aufrecht als Beschützer.

Ochs und Esel werden in der Weihnachtsgeschichte nicht erwähnt, sondern bei Jesaja: „Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn.“ (Jes. 1,3) Sie sind als Lasttiere Sinnbilder dafür, dass Jesus Christus die Lasten der Menschen getragen hat.


Die Hirten stehen für das einfache Volk, ein alter und ein junger Mann. Die Schafe und der Hütehund gehören zu ihnen. Lämmer sind ein Symbol für unschuldiges Leiden, im Alten Testament sind sie auch Opfertiere, Jesus Christus ist im Neuen Testament das Lamm Gottes. Der ursprüngliche Hund dieser Weihnachtskrippe kam durch Diebstahl abhanden, im Jahr 2016 hat Dieter Escherich aus Höchberg einen neuen Hund für unsere Krippe geschnitzt.


Die weisen Männer aus dem Morgenland, die Gold, Weihrauch und Myrrhe überbringen, werden im Matthäusevangelium erwähnt. Später werden sie (mit Bezug zu Psalm 72 und Jesaja 60) zu Königen gemacht. Ihre Anzahl drei wird ebenfalls erst später festgelegt, im 9. Jhdt. n. Chr. bekommen sie die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar. Der dunkelhäutige junge Kaspar versinnbildlicht die in Afrika lebende Bevölkerung. Er überbringt ein hornartiges, mit Myrrhe gefülltes Gefäß. Der bittere Geschmack der Myrrhe soll das spätere Leiden und Sterben Jesu Christi verdeutlichen, Myrrhe dient auch als Salböl für die Bestattung. Melchior ist ein alter Mann mit langem Bart, der für den Kontinent Europa steht. Er überbringt in einem Kästchen Gold als Zeichen für Reichtum, Weisheit, Macht und Schönheit. Balthasar erscheint als Mann in mittleren Jahren und vertritt den Kontinent Asien. Er überreicht ein Gefäß mit Weihrauch, der für Gebete und Opfergaben steht. In der Stephaner Weihnachtskrippe haben sie auch das sehr schön geschnitzte Kamel dabei. Dieses Kamel hat auch seine Geschichte: Bei der Hochzeit von Karlheinz und Margrit Wagner im Jahr 1979 wurde der Brautstrauß versteigert, der Erlös wurde für diese schöne Krippenfigur verwendet.
Weiterführende Information: www.heilige-dreikoenige.de

Melchior: „Lichtkönig“ / Greis
Gabe: Gold
vertritt Europa


Balthasar: „Gott erhalte den König“ / mittleres Alter
Gabe: Weihrauch
vertritt Asien


Kaspar: „Schatzmeister“ / Junger Mann dunkler Hautfarbe
Gabe: Myrrhe
vertritt Afrika


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Die Engel – oder sind es Kinder? In der biblischen Weihnachtsgeschichte singen die Engel „Ehre sei Gott in der Höhe“ über dem Feld bei den Hirten. Die kleinen Figuren der Stephaner Weihnachtskrippe haben keine Flügel und sitzen mit Instrumenten musizierend auf der Erde. Vielleicht sind sie aber auch beides, weil in jedem Kind ein kleiner Engel steckt?

Das Querflöte spielende Engelchen jedenfalls kam 1984 zur Krippe dazu, gemacht von der Holzbildhauerei Michael Hubert in Hettstadt. Haben Sie bemerkt, dass manche Kinder doppelt vorkommen? Die zweite Version stammt aus dem Privatbestand von Pfarrer Wagner.


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Den Herrnhuter Stern, der nach dem vierten Advent an der Stelle des Adventskranzes aufgehängt wird, wo er bis Anfang Februar leuchtet, haben Kantor Christian Heidecker und Pfarrerin Susanne Hötzel gespendet.


„Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“ (Lk. 2, 4-7)

Den Text als pdf-Datei finden Sie hier….


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Und hier noch ein Foto aus der Geschichte von St. Stephan. Diese Krippe von Heinz Schiestl gab es früher in St. Stephan, vermutlich vor 1945: